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PresseEcho

22.11.2003
Neues Deutschland

Brot, Kuchen, Fahrräder -
In Berlin trafen sich Schüler aus aller Welt zur ihrer ersten Firmenmesse

Sie betreiben ein Import-Export-Unternehmen und handeln mit Firmen in Schottland und Irland. Marcel ist Exportmanager. Dazu kümmert er sich um Public-Relations. Alexander und Moritz regeln Finanzen und Buchhaltung. Jasmin und Sandra sind »Managerdirektors«. Die Geschäfte laufen gut, obwohl nicht ein Mitarbeiter einen Berufsabschluss hat. Alle sind ledig und niemand hat eine Fahrerlaubnis. Das wäre auch verboten, denn in der Belegschaft ist keiner älter als 12 Jahre. Das agile Geschäft ist eine Schülerfirma.

Das, was die Schüler der Grundschule im Taunusviertel in Berlin-Lichtenrade veranstalten, ist kein Planspiel in Gesellschaftskunde. Es wird tatsächlich gekauft und verkauft, kalkuliert und geworben. Weihnachtskalender und Süßigkeiten ordert die Schülerfirma auf Anforderung ihrer ausländischen Partner in der Metro. Anschließend schickt sie die Waren nach Glasgow oder Belfast. Von dort kommen bestellte Weihnachtsmützen, Chips-Tüten oder Stifte zurück. Die Handelsspanne stecken die insgesamt 15 Jungunternehmer der sechsten Klasse wieder ins Unternehmen oder Schulprojekte.

Die Lichtenrader waren die Jüngsten auf der ersten Internationalen Schülerfirmen-Messe, die letzte Woche im Berliner Freizeitzentrum FEZ stattfand. Dort präsentierten sich 61 solcher Unternehmen aus Norwegen, Schweden, Ghana, England, Schottland, Tschechien und Deutschland. Unter dem Dach des schottischen Netzwerkes Achievers International stehen Schülerfirmen aus unterschiedlichen Ländern in Verbindung, die vornehmlich miteinander Handel betreiben.

Schülerfirmen anderer Netzwerke bieten auch Dienstleistungen oder selbstproduzierte Waren an. In Berlin Tempelhof sitzt beispielsweise »Grammophonia«, ein so genanntes Juniorprojekt. Die Schüler des Luise-Henriette-Gymnasiums Berlin digitalisieren für fünf Euro die geliebten alten Vinyl-Schallplatten auf CDs. Grammophonia-Mitarbeiter Jan Kalma, 18 Jahre, erklärt die Finanzierung: »Die Schülerunternehmen bei Junior bestehen immer nur ein Jahr. Wir haben 90 Anteilsscheine für je 10 Euro ausgegeben. Freunde und Eltern haben die gekauft. Was mit dem Profit geschieht, entscheidet die Hauptversammlung.« So läuft es auch bei der Shirt-Factory der Schule, bei der man sich für 5,55 Euro ein selbst gewähltes Motiv auf ein Hemd drucken lassen kann.

Die Juniorprojekte sind mit ihrer an die Aktiengesellschaft angelehnten Finanzierung eng an die tatsächliche Ökonomie angelehnt. Kein Wunder, denn sie werden mit Unterstützung des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln betrieben. Auch die Schülerfirmen unter dem Dach der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) gründen Gesellschaftsformen wie Schüler-GmbHs oder -AGs. Die Stiftung hat dafür seit 1997 insgesamt 800000 Euro zur Verfügung gestellt. Eines der 200 Schülerunternehmen, die daraus hervorgingen, ist AuqaMarin von der Max-Beckmann-Oberschule in Berlin-Reinickendorf. Die 18-jährige Laura Groth stellt dort Naturkosmetik her. Andere produzieren Holzspielzeug oder Plakate. »Man lernt hier unheimlich viele Leute und manchmal auch Freunde kennen. Wir üben den Umgang mit Laborgeräten und den Aufbau einer Firma – das ist auch etwas für unsere Zukunft«, so die Abiturientin.

Neben Achievers International, dem Junior-Programm und dem DKJS bietet noch das Netzwerk Berliner Schülerfirmen (NBS) ein Dach für Jüngstunternehmer. Gefördert wird es vom Europäischen Sozialfonds. Der 16-jährige Sahin Cakmak backt in einer NBS-Firma Brot und Kuchen. Das geschieht im Rahmen des Faches Arbeitslehre in der Schule am Zwickauer Damm in Berlin-Neukölln, einem Sonderpädagogischen Förderzentrum. Für die Schule ist extra Bäckermeister Felix Broll angestellt. »Wir wollen den Schülern, die alle freiwillig früh um sechs am Backofen stehen, ein Gefühl für die Praxis geben. Und wir wollen natürlich einige von ihnen später im Handwerk unterbringen«, so Broll. Neben der Bäckerei gibt es an der Schule nach ähnlichem Schema noch ein von Schülern betriebenes Café, eine Fahrradwerkstatt und eine Wäscherei. Die Einnahmen der Firmen werden für die Freizeitgestaltung, beispielsweise für Schülerreisen verwendet.

In der Weiterführenden Schule im norwegischen Melhus werden Bonbons und Cremes hergestellt. Die weit aus dem Norden angereisten Mädchen freuten sich, in Berlin Partnerschülerfirmen aus Wrexnam in North Wales endlich einmal persönlich kennen zu lernen. Die wiederum sahen zum ersten Mal ihre Geschäftspartner vom Gymnasium Dresden-Plauen. Am besten werden die Sachsen in Wales Milka-Schokolade los, versichert die 14-jährige Linda Strauch, »denn die ist da nämlich viel teurer als bei uns.«

(Uwe Witt)

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